The Unknown Soldier

 Zwei Weltkriege und ein großes Denkmal auf dem Plateau eines würdevollen Felsdoms inmitten der Sächsischen Schweiz, in traumhafter Umgebung.

Sonne und Schatten zeichnen eine menschliche Figur auf den großen Stein des Denkmals, auf dem einst eine Tafel war. Die Figur steht stramm, wie ein Soldat. Erhaben ragt sie über den metallenen Kranz aus Eichenlaub. Umringt von charismatischen Felsen, die eine offene Halle bilden.

Ich nenne ihn „The Unknown Soldier“ – den unbekannten Soldaten. Namenlos, doch niemals vergessen. Zugleich aber passiert im Zeitgeist genau das – gekämpft, gestorben, vergessen.

The Unknown Soldier – stellvertretend für alle Gefallenen der Weltkriege an der Front. Für all diejenigen Männer, die nicht mehr vom Krieg zurückkehrten. Gefallen, Mann für Mann, so zahlreich wie Eichenlaub, doch wofür? Stellvertretend für die Kriege, das Blutvergießen von Epochen, Kriege, die noch immer andauern. Doch wofür?

Blut, geflossen, um ein ganzes Meer damit rot zu färben. Doch wofür? Für das Schachspiel der Elite, für egozentrische Götter, für Ehre und Anerkennung als Held, für eine Matrix, deren Ende besiegelt ist…

Soldaten, Männer, Väter, Jungen um die ihre Frauen, Kinder, und Mütter wehklagten.

Es entwickelt sich ein Dialog zwischen uns.

Denn mein unbekannter Soldat, der mir mittlerweile seltsam vertraut scheint, steht auch für alle Männer, Väter, Jungen, die zurück nach Hause kamen, doch nicht mehr als die, die gegangen sind. „Auch sie kannst du als Gefallene des Krieges sehen“, sagt er. Denn Krieg tötet in jedem Fall. Wenn nicht den Körper, dann die Persönlichkeit, auch die Ehre, für die man eigentlich in den Krieg zog.

Drogen waren da, um das Erlebte zu unterdrücken. Den Schrecken zu vergessen. Kein Wort mehr darüber zu verlieren. So wurde Unterdrückung zum Kavaliersdelikt. Und die Sprache veränderte lediglich ihren Ausdruck. Über den Körper, über die Seele, über den Schrei, die ungeweinten Tränen, die zur schlagenden Hand wurden. So wurde der Krieg weiter getragen, Generation um Generation. Und noch immer befinden sich diese Kriege mitten unter uns.

Aus stolzen Kämpfern für das Vaterland wurden Täter, wurden Opfer, wurden wieder Täter. Aus ihren Kindern, aus ihren Frauen Opfer, aber auch Täter…

„Kameradschaft, Treue und höchste Ethik haben wir gelernt. In der Bundeswehr, in der Legion. Erstrebenswerte, höchste Tugenden. Doch das Niedrigste haben wir getan.“

Der Geist der Zeit schreibt Weltkrieg Nummer drei. Und das Blut fließt weiter. Was bleibt? Nehmen wir uns ein Herz, und sehen den Schatten ins Auge. Denn nicht das Vergessen ist heilend, sondern die Konfrontation, dann wenn das Licht auf die tiefsten Schatten fällt. So sind sie nicht umsonst gestorben, sie leben weiter mit ihren Erfahrungen dafür, das wir nun andere Wege gehen. Es ist Zeit, die Doktrin von Schuld und Sünde beiseite zu legen und Verantwortung zu übernehmen, für unsere Täterschaft, für unsere Opferschaft. Jeder Einzelne von uns. So wandeln sich Abgründe in wertvolles Schattenwissen. Und der Weg rein wird nun zum Weg raus.

©Yvonne • Adomera
Schamanin
www.adomera.de

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